Nein, ich stöhne noch nicht über die Temperaturen. Nach einem verregneten Mai sind auch die ersten Junitage sehr wechselhaft. Wir genießen in Norditalien die Sonne, wenn sie denn mal scheint.
Es geht um ein anderes Problem. Heute ist letzter Schultag. Drei lange Monate Ferien liegen vor den Kindern und Jugendlichen, und die Eltern müssen sehen, wie sie ihre Sprösslinge bespaβen oder bespaβen lassen.
Während unsere Jüngste in die Ferienspiele geht (ich bitte und bete, dass sie auch mit zwölf noch einmal nette Altersgefährt*innen findet, denn die meisten Kinder dort sind jünger), hat die Ältere mit sechzehn ihre eigenen Pläne und ist unabhängig. Nun ja, fast. Sie braucht die elterlichen Kutschfahrten, um zu ihren abendlichen Veranstaltungsorten zu kommen. Es wird der Sommer der Diskotheken, Konzerte, Sommerfeste. Schade nur, dass auch für die jungen Jugendlichen Diskotheken nicht am frühen Abend, sondern mitten in der Nacht beginnen. Und die Lokalitäten sind weder zu Fuß noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Geht es um die Abholzeit, gibt es Diskussionen. „Schon um eins? So früh, ach komm, ein Stündchen länger macht doch auch keinen Unterschied!“ Dazu muss ich sagen, dass mein Mann und ich bisher von Taxidiensten weitgehend verschont geblieben sind, es fanden sich andere Freiwillige unter den Eltern der befreundeten Mädchen. (Ein besonderer Dank auch an euch, liebe Stefania, für den Doppel-T-Service mit Taxi und Taverne!) Aber nun müssen wir bald ran, allein schon, um uns für die Hilfsbereitschaft der anderen einmal angemessen zu revanchieren.
Neulich hatte ich mich bereits hingelegt, als mein Mann gegen 23 Uhr ins Schlafzimmer stürmte, am Handy die aufgeregte Tochter. Man glaubte ihr am Einlass nicht, dass sie Jahrgang 2007 sei. Dazu müsst ihr wissen: Bei uns sprechen auch die Kinder nicht von ihrem Alter in Jahren, sondern von ihren Geburtsjahrgängen. Es heißt dann also: „Ach der, der ist doch ein 2008, viel zu jung für mich!“ Oder: „Die ist eine 2009, aber sie könnte glatt als 2006 durchgehen.“ An jenem Abend hatte unsere Tochter ihre Carta di Identità (italienischer Personalausweis) bei der Freundin gelassen, und so war die letzte Rettung ein Foto ihres deutschen Reisepasses. Den habe ich in Obhut. Während ich mich also schlaftrunken aufrappelte, um ihn herauszusuchen, drängelte sie zur Eile. Es ging um Leben oder Tod, um den sofortigen Einlass in den Tanztempel. Das war an einem Donnerstagabend, am Freitag war Feiertag und schulfrei in Italien. Wir arbeiten in der Schweiz, mussten also früh raus. Eines der nächsten Tanzvergnügen findet an einem Montag statt. Das heißt, in der Nacht von Montag zu Dienstag. Klar, die jungen Herren und Damen sind ja in den Ferien. Dumm nur, dass ihre Eltern arbeiten gehen. Wer hat da Lust, sich nachts zwischen ein und drei Uhr ins Auto zu setzen und Taxi zu spielen? Dass schon wieder derselbe Vater in die Bresche springt, der bereits pensioniert ist, macht mir ein schlechtes Gewissen. Den Feierwütigen offensichtlich nicht. Da wird geplant, was das Zeug hält. Für die Transporte wird sich schon jemand finden.
Morgen Nacht ist mein Mann dran, die Girl-Group heimzufahren. Ich räume derweil die Kinderzimmer um und beziehe Betten für die anschließende Pyjamaparty. Zum Glück ist am nächsten Tag Wochenende.
Vielleicht sollte ich den betroffenen Eltern vorschlagen, dass wir selbst eine Diskothek eröffnen, gleich um die Ecke von einem von uns? Agieren statt reagieren. Profitieren statt jammern. Denn es wird munter weitergehen: Diese jetzt sind die Schuljahresabschlussveranstaltungen. Es folgen die Mittsommernächte und dann irgendwann die Ferienausklangstänze. Es wird ein heißer Sommer.
Titelfoto: Symbolbild von Pexels.
Oh je, Anke, ich werde schon von der Vorstellung müde, nachts die Taxifahrerin zu spielen. Allerdings erinnere ich mich selbst daran, dass es oft schwierig war, nachts nach Hause zu kommen und dass meine Freundinnen und ich manchmal zu nicht gerade sicheren Möglichkeiten gegriffen haben. Dann lieber Taxi spielen!
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Da hast du Recht, liebe Roswitha. Blöd ist, dass die Veranstaltungsorte sonst wo sind und ich die Strecken nicht kenne. Diese dann nachts zu fahren, traue ich mir gar nicht zu. 🙈
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Ein wunderbarer Beitrag, liebe Anke! Bei uns in Rom war es genauso…und die Discos umso beliebter, wie weiter sie draußen am Stadtrand lagen. Ein echter Alptraum. Auch wir hatten einen Vater, der (fast) immer fuhr und fühlten uns schäbig, konnten uns aber sowieso nie revanchieren. Man muss das einfach mit sehr viel Lob und Entschuldigungen annehmen, sonst übersteht man es nicht.
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Danke, liebe Birgit. Ich frage mich, wie es in vielleicht schon zwei Jahren sein wird, wenn sie oder Freund*innen ein Auto haben und selbst fahren. Ob wir dann ruhiger sind? Ich fürchte nicht. Und dann will die Schwester auch losziehen … das Thema wird uns länger als einen heißen Sommer lang beschäftigen.
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Liebe Anke, ich habe mich mal wieder sehr amüsiert! Hut ab dafür, dass sich immer wieder jemand findet, der die Teenies zum Tanz fährt. Ich hätte darauf ehrlich gesagt nicht so große Lust, vor allem, weil ich gern gegen 22 Uhr im Bett liege. 😉
Ich habe aber auch leicht reden. In Berlin findet sich immer irgendein öffentliches Verkehrsmittel, egal, wie viel Uhr es ist. Das ist aber natürlich nicht so sicher wie der elterliche Shuttle-Service.
Mir gefällt deine Idee mit der eigenen Diskothek! 😉
Herzliche Grüße!
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Liebe Sophie! Da sind wir schon zwei. Gegen 22 Uhr, aber spätestens um 23 Uhr fällt bei mir der Vorhang. Und da geht das Tanzspektakel ja erst los. Wenn ich mich recht erinnere, wurden wir in meiner Jugend in diesem Alter noch gegen 23 Uhr von der Disko nach Hause geschickt, ehe es für die erwachseneren Jugendlichen weiterging. Liebe Grüße an dich!
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Über den Filmausschnitt mit Chris Doerk und Frank Schöbel habe ich mich köstlichst amüsiert. Da waren die Ansprüche an Filme noch sehr bescheiden.
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Mich irritiert ja am meisten, dass vom heißen Sommer gesungen wird, während alle lange Hosen und sogar Jacken tragen. Aber womöglich waren die Sommer vor vielen Jahren noch anders in Deutschland. 😂
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Bei mir sind gerade auf dem Balkon im Schatten 35°, ist das genug heiß?
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Wow, Deutschland ist das neue Italien. 😉 Bei uns sind es um die 25 Grad, bewölkt.
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Ich zeige mein Thermometer morgen in meinem Artikel.
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Ich fühle mit dir, liebe Anke. Du kannst dir sicher vorstellen, dass wir Ähnliches hinter uns haben. Unsere Tochter hat seit 2018 ihren Führerschein und darf sich das Auto ihres Vaters ausleihen. Unser Sohn hat Freunde und gute Beziehungen und findet immer jemanden, der ihn fährt. Gott sei Dank, denn die Zeiten haben sich in die frühen Morgenstunden verschoben. Das können wir einfach nicht mehr leisten. Zu normalen Zeiten mit einer Fahrt auszuhelfen, ist natürlich immer mal drin und nötig, denn die Verkehrsverbindungen lassen sehr zu wünschen übrig. Liebe Grüße aus dem 29 Grad warmen Osten Deutschlands.
Bettina
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Genau, die Zeiten sind das Verrückte. Auch bei euch? Ich dachte, das wäre ein italienisches Phänomen. Hier heißt es: „fare le ore piccole“, wörtlich „die kleinen Stunden machen“. Also zwei, drei, vier Uhr. Hier ist es übrigens so gemischt. Nachts nicht so warm wie gewöhnlich im Juni, ich mache mir also zusätzlich Sorgen, dass sich die Mädels erkälten. 🙈 Liebe Grüße!
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Mach dir keine Sorgen, die Sorgen haben ich mir auch gemacht, hatte deshalb anfangs Übernachtungen verboten und wollte, als ich nichts dagegen tun konnte, einen Schlafsack oder zumindest eine Decke mitgeben 🙈. Große Empörung.
Gute Nacht 🌃
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Du hast recht, man nennt es „Loslassen“. Buona notte!
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Liebe Anke, au weia, wie haben sich die Zeiten geändert! Mein Sohn war 16 im 1984, ich war damals bereits seit 3 Jahren alleinerziehend und ebenfalls berufstätig, und da galten strikte Regeln bei uns:
1. Ausgang nur Samstagnacht 2. genaue zeitliche Vereinbarung für die Rückkehr, telefonischer Bescheid bei Abweichung/Verspätung, 3. für Transport haben die Freunde selbst gesorgt, wenn sie weiter weg wollten, sonst mussten sie in der eigenen Stadt bleiben 4. Ab ins Ferienlager während der langen Ferien. Bei einem Jungen kann man eh unbesorgter sein. Aber ich denke, „meine“ Regeln sind heutzutage undurchführbar, da schüttelst du bestimmt den Kopf! Danke für den interessanten Beitrag, Elisa
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Liebe Elisa, ja, es hat sich viel geändert, nicht nur die Zeiten der Veranstaltungen für diese Altersgruppe, auch die Ansprüche der Jugendlichen, alles zu dürfen und immer gefahren zu werden. Meine Eltern hatten gar kein Auto. Wir wohnten allerdings auch in einer Kleinstadt und dort gab es drei Diskotheken, zwei davon zu Fuß zu erreichen, eine mit der Bahn. Ich ging meist in dieselbe, zu Fuß und gemeinsam mit Freunden, oder auch mal heimlich alleine. Wir und unsere Eltern waren damals unbeschwerter.
Leider gibt es bei uns gar keine solchen Veranstaltungen in der Nähe, die nächtlichen Kutschfahrten sind also immer auch recht lang.
Liebe Grüße!
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Liebe Anke, das glaube ich gerne, dass Ihr damals unbeschwerter wart. Wir Eltern waren vor vierzig Jahren insgesamt viel strenger, aber das hat den Jungen nicht geschadet. Natürlich gab es mit meinem Sohn immer mal wieder Meinungsverschiedenheiten über den Ausgang. Aber da wir in einem Haushalt ohne Vater lebten, war es wichtig, dass sich der Sohn nicht auf einmal „zum Herrn im Hause“ aufschwingen konnte. Jedenfalls sind wir gut über die Runden gekommen. Das wünsche ich Dir und Deiner Familie ebenfalls von Herzen. Jede Zeit hat andere Herausforderungen. Viel Glück, Elisa
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Du sagst es. Danke, liebe Elisa!
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Zum Abschluss zitiere ich noch kurz eine Freundin: Auf die Frage ihrer Tochter, warum alle gehen dürften nur sie nicht, antwortete die Mutter: „Weil du es mir wert bist.“ Sie ist gut gefahren damit. Dass alle gehen dürfen, stimmt sowieso nie!
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In unserem Fall ist es ein kleiner Freundinnenkreis, und zumindest die Schuljahresabschlusspartys sind von den Schülervertretungen der Schulen organisiert. Sie da nicht gehen zu lassen, wäre auch nicht richtig. Belastend sind die Entfernungen, wenn man „in der Pampa“ lebt und sich die Veranstaltungen nicht in der eigenen Stadt abspielen, wo vielleicht immer einer in der Nähe wohnt. Wir müssen nur sehen und hoffen, dass es nicht überhandnimmt mit dem nächtlichen Ausgehen. Liebe Grüße, Elisa!
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Purtroppo le discoteche aprono troppo tardi…in questo era meglio 20 o 30 anni fa. Non è bene perdere tutte quelle ore di sonno…
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Per loro, o per noi? Per entrambi! 😩
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Ahah! 😄😄 Hai ragione: per entrambi certo, ma soprattutto per i giovani, secondo me.
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3 Monate Ferien?? Wow. Habt ihr da alle Ferien des Jahres am Stück im Sommer???
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So ungefähr. Wir haben sonst nur noch eine knappe Woche zu Ostern (Montag ist Feiertag, Donnerstag, Freitag und Dienstag gibt es für die Schüler dazu), und Weihnachten/Silvester zwei Wochen. Was ist nun besser? Also drei Monate am Stück sind schon heftig, sie kommen doch auch voll aus der Übung und auf dumme Gedanken.
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Liebe Anke, Du bist eine kluge Mutter mit dem richtigen Augenmass. Das sind die besten Voraussetzungen, dass es gut kommt! Lieben Gruss, Elisa
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Grazie, wollen wir es hoffen. 😊
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