Prominenter Kommilitone

In diesem, dem dritten Jahr an der Scuola Superiore (Gymnasium), steht für unsere Tochter auch Philosophie auf dem Lehrplan. Aufgeregt berichtet sie uns beim Abendessen von der ersten Stunde. Es waren ein paar der großen Namen gefallen. Unter anderen der von Karl Marx.

Karl Marx. Unser Stichwort. Meine Tochter und ich wechseln einen Blick, und während meine Augen zu leuchten beginnen, drehen ihre in Richtung Decke. Kurz darauf überzieht ein breites, wissendes Grinsen ihr Gesicht. „Jaaa, Mami. Nun fange nicht wieder damit an, dass du an der Uni warst, an der auch Karl Marx studiert hat. Das erzählst du jedes Mal.“ „Sag bloß, davon hast du in der Klasse nicht berichtet?“, provoziere ich schmunzelnd. Sie schnappt nach Luft, so dass ich mich animiert fühle, noch einen draufzusetzen: „Das musst du unbedingt nachholen, wenn ihr auf den großen deutschen Philosophen zu sprechen kommt.“

Ich gebe zu, dass ich das ein oder andere Mal von dem berühmten Studenten meiner Berliner Humboldt-Universität erzählt habe. Immer, wenn es darum ging, ob und wo die Mama studiert hätte. Das Ob wird vom italienischen Gatten regelmäßig in Frage gestellt, wenn ich mich in einer praktischen Angelegenheit umständlich anstelle oder beim Kopfrechnen etwas länger brauche. Dabei hatte unser Matheprofessor an der Humboldt erklärt, Mathematiker könnten in der Regel nicht gut rechnen. Dieses Argument nutze ich seither gern zu meiner Verteidigung. Ich bin gut in Theorie. Wie der einflussreichste Theoretiker des Sozialismus und Kommunismus es war. In der Praxis haben seine Ideen ja bisher auch nicht wirklich funktioniert.

Und wo wir wieder beim Thema sind, rückt die Tochter noch mit einem Geständnis heraus: „Als ich klein war, dachte ich immer, dieser Karl Marx wäre dein Kommilitone gewesen. Ich sah ihn neben dir im Vorlesungssaal sitzen.“ Jetzt schnappe ich nach Luft. Vor Lachen.

Titelfoto: Symbolbild von Pexels.

Veröffentlicht von Anke

La Deutsche Vita in Bella Italia auf meinem Blog tuttopaletti.com. Geboren in der DDR, lebte ich zunächst im wiedervereinigten Deutschland und habe in Norditalien meine Heimat gefunden. Ein Leben zwischen den Welten und Kulturen, schreibend, lesend, neugierig und immer auf der Suche nach neuen spannenden Geschichten.

22 Kommentare zu „Prominenter Kommilitone

  1. Karl Marx bleibt unsterblich, er ist einfach zeitlos. Noch heute sorgt er für Diskussionsstoff. Zuletzt, als der relativ neue Chef der österreichischen Sozialdemokraten sich als „Marxist“ bezeichnet hat.

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    1. Ach, wie schön! Und zwischen uns war der Altersunterschied nicht gar so heftig wie der zu Karl Marx.😅
      Wenn ich gebummelt hätte, wie es heutzutage mit Auszeit und Weltreise und Neuorientierungen üblich ist, hätten wir uns fast noch über den Weg laufen können. Aber ich habe mich beeilt, um dann beim Einstellungsgespräch zu hören zu bekommen, ich sei mit 23 zu jung für das übliche Einstiegs-Gehalt. 😒
      Liebe Grüße!

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      1. Wie gemein! ☹️
        So wird es meinen Töchtern vielleicht auch später gehen. Die machen ja alle schon nach 12 Schuljahren Abitur und sind zu diesem Zeitpunkt teilweise noch nicht einmal volljährig.

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      2. Schickst du sie erstmal auf Weltreise. Oder als Babysitter nach Italien. 😉 Oder nach Australien, da gibt es richtig ein Programm, mit dem junge Leute eine Aufenthaltsgenehmigung für ein Jahr bekommen und da jobben und leben. Das erzählte gerade eine Freundin, ihren Sohn betreffend, und war sehr zufrieden. Also auch der Sohn.

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      3. Der Sohn einer Bekannten ist dann gleich ganz in Australien geblieben, hat dort geheiratet und jetzt zwei kleine Kinder. 😬
        Dann schicke ich die Mädels vielleicht doch lieber nach Italien. Ist schön hier. 😉🥰
        Herzliche Grüße von der Amalfiküste (morgen geht’s zurück nach Berlin)!

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