Herbstgerichte

In einer Bar, in der ich manchmal einen schnellen Mittagsimbiss einnehme, hängt dieses traurige Plakat. Es gibt keine Sommergerichte mehr: keinen Mozzarella mit Tomaten, keinen Bresaola mit Rucola und Parmesan, keinen Prosciutto mit Melone und auch nicht unsere heiß geliebte Pasta fredda. Keine kalten Teller. Nur noch warme Küche. Sogar dem belegten Panino oder gesalzenen Croissant, mit Schinken oder Salami und Käse gefüllt, wird in der Mikrowelle der Status eines Heißgerichts verliehen. Es sei denn, man greift rechtzeitig ein und lehnt dankend ab.

Dabei sehe ich den Anschlag mit dem Aufkleber „Fuori Produzione“ (nicht mehr in Produktion) nicht erst jetzt, wo der Sommer auch in Norditalien definitiv vorbei ist. Er hängt dort schon länger, mindestens seit einem Jahr. Als ob die Wand dahinter einen Schaden hat oder schmutzig ist, und das Schild soll die Sache verdecken. Jetzt, Anfang Oktober, passt der Aushang wieder. Das ist so ähnlich wie mit der Weihnachtsdeko, die manche Leute einfach stehen oder hängen lassen. Bis Ostern sowieso, dann hat man anderes im Kopf, und eh man sich versieht, ist schon wieder Herbst und Weihnachten steht vor der Tür.

Ich finde das schade mit den kalten Tellern, heute Abend habe ich schnell noch mal einen gemacht. Unser Basilikum ist nach wie vor schön und es wäre ein Verbrechen, es nicht dekorativ auf Tomaten mit Mozzarella zu legen. Das mit den herbstlichen Gerichten überlasse ich derweil den Gastronomen und Festveranstaltern. Der Herbst ist bei uns Hochsaison für sogenannte Sagre – Themenfeste rund um spezielle Gerichte. Gerade sind die Funghi Porcini, Steinpilze, überall in Töpfen und Pfannen. Dem Pilz scheints zu gefallen, bei uns im Ort tanzte er am vergangenen Wochenende auf dem Tisch: „Fungo in festa“, hieß das Event, der „Pilz in Feierstimmung. Es wird wie jedes Jahr viele Kartoffelfeste geben, gefolgt von Kürbisfesten. Auch Polenta ist wieder in aller Munde, sättigt und wärmt der gelbe Maisbrei doch gut und passt wunderbar zu ebendiesen Steinpilzen, Gorgonzola-Käse oder Brasato, geschmortem Fleisch.

Der Sommer ist abserviert, da hilft kein Jammern und Trotz schon gar nicht. Ich muss nur noch schnell mein Basilikum einer artgerechten Verwendung zuführen (vielleicht ein Pesto?) und dann bin auch ich bereit, Neues aufzutischen.

Veröffentlicht von Anke

La Deutsche Vita in Bella Italia auf meinem Blog tuttopaletti.com. Geboren in der DDR, lebte ich zunächst im wiedervereinigten Deutschland und habe in Norditalien meine Heimat gefunden. Ein Leben zwischen den Welten und Kulturen, schreibend, lesend, neugierig und immer auf der Suche nach neuen spannenden Geschichten.

20 Kommentare zu „Herbstgerichte

    1. Sei tapfer! Es nützt ja alles nichts.
      Leider habe ich keine Fensterbretter. Bei uns vergammelt das Basilikum drinnen oder draußen früher oder später. Wir, das heißt mein Mann, hat deshalb Pesto gemacht! 😋

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  1. Anders als letztes Jahr, als der Altweibersommer noch bis Ende Oktober dauerte, ist der Herbst schon vor wenigen Tagen in Wien eingezogen. Ich stelle mich langsam auf Kürbissuppen ein und vor allem, dass hin und wieder eine Tasse heisser Ingwer nicht schadet.

    Sicher ist Dir das nicht neu, aber wenn ich „caldo“ oder „calda“ lese, muss ich zuerst an „kalt“ denken, bevor ich mich korrigieren muss.

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  2. Der Pilz in Feierstimmung? Das finde ich so niedlich und lustig, dass mir ganz warm ums Herz wird. Ich sehe ihn vor meinem geistigen Auge, wie er ausgelassen tanzt. 😉
    Apropos warm: Bei uns steht gerade ein Auflauf mit Kürbis und Kartoffeln im Ofen. Und ein Italiener hat es auch dorthin geschafft, der Parmesankäse nämlich. 😉

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      1. Leider sind die Kartoffeln auch nach mehr als einer Stunde im Ofen nicht richtig weich geworden, obwohl sie angeblich mehlig kochend waren. 😳 Aber geschmeckt hat es dennoch. ☺️

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      2. Versuch es doch mal mit Dampfgaren. Vorher. Das funktioniert prima und schnell, zum Überbacken ist dann immer noch Gelegenheit. Es grüßt die Mikrowellendampfgar-Influencerin, ohne Affiliate-Link zum Gefäß, das war bei meiner Mikrowelle schon mitgeliefert.😉

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      3. Mein Mann war natürlich wieder fürs Abendessen zuständig und ich hatte ihm vorgeschlagen, die Kartoffeln das nächste Mal vorzukochen. 😉 Aber Dampfgaren ist natürlich auch eine Möglichkeit. 😉

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  3. Vor der Gärtnerei welkt auch ganzjährig ein Plakat mit „Jetzt ist Pflanzzeit“ und ich bin jetzt erst bei der letzten Schoki angekommen, die es letztes Jahr zu Weihnachten gab. 🙂
    Heute soll es mal so richtig mit den Temperaturen runter gehen, herbstlich aussehen tut es schon einige Tage. Mit Kürbissuppe bin ich ein wenig vorsichtig geworden. Nach dem fünften Teller gab es Bauchweh.

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    1. Da ist wohl der Wunsch Vater des Plakats vor der Gärtnerei. Versuchen kann man es ja, hat sich das Marketing gedacht. 😉
      Kürbissuppe? Immer ruhig angehen, auch der Magen muss sich mit der Jahreszeit umstellen!

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  4. Liebe Anke, auch ich bin alles andere als bereit dafür, dass es schon wieder nur nass, kalt und dunkel wird. :-/ Noch dazu, weil der Sommer gerade mal von Anfang August bis fast zum Ende des Septembers da war … und ich? Habe meine Akkus für den bevorstehenden Herbst und Winter mitnichten auffüllen können. Traurig – aber wahr! :/

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    1. Liebe Bea, ich erinnere mich, dass der Sommer deine absolute Lieblingsjahreszeit ist, du Sonne und Wärme brauchst wie manche Pflanzen zum Gedeihen. Und helfen auch keine leckeren Speisen, dich mit den kommenden Monaten anzufreunden? Glühwein auch nicht? 😉

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  5. Ich habe meiner Familie schon einiges aufgetischt, was mit Sommergerichten nichts mehr zu tun hatte. Herbstliche Suppen. Heute zum Beispiel gibt es Käse-Lauch-Suppe. Mein Kräuterbeet vor der Küche sieht aber prächtiger aus als an so manchem Sommertag.

    Liebe Grüße, Bettina

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    1. Brava! Wenn es allen schmeckt und dir die Zubereitung Freude macht, sind alle glücklich. Ich fürchte, bei mir spielt auch die Bequemlichkeit eine Rolle: Kalte Platten sind schnell angerichtet. 😂

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