„Jener Arm des Comer Sees, der sich zwischen zwei ununterbrochenen Bergketten südwärts wendet und, ihrem Vorspringen oder Zurückweichen folgend, lauter Busen und Buchten bildet, verengt sich fast plötzlich und nimmt zwischen einem Vorgebirge zur Rechten und einem ausgedehnten Gestade zur Linken Lauf und Gestalt eines Flusses an.“
Alessandro Manzoni
Die Verlobten*, BLT Band 92144, 1. Auflage November 2003, Seite 13, erster Satz des ersten Kapitels.

Finden sich in Deutschland eigentlich so viele Goethewege wie in Italien Straßen mit Namen Via Manzoni? Gefühlt gibt es bei uns keinen Ort, in dem man nicht über Alessandro Manzoni stolpert, oder besser gesagt, über eine nach ihm benannte Via oder Piazza schreitet.

Hier im Norden ist es jedenfalls so, vermutlich weil das Leben und Wirken des großen Dichters so eng mit Mailand (wo er 1785 geboren wurde und 1873 starb) sowie Lecco am Comer See verbunden ist. In Lecco verbrachte Manzoni seine Kindheit und Jugend. Später wählte der Schriftsteller die wunderschöne Gegend am südöstlichen Arm des Comer Sees als Ambiente seines großen Romans der italienischen Romantik „I Promessi Sposi“. Ein Werk der Weltliteratur, das in deutscher Sprache mit den Titeln „Die Verlobten“ oder „Die Brautleute“ übersetzt wurde.
Etwa einmal im Jahr unternehmen wir einen Sonntagsausflug nach Lecco und während ich dort weile, ist es mir fast unmöglich, nicht an die einander Versprochenen Renzo und Lucia zu denken. Das Must-Read der italienischen Weltliteratur hatte ich mir bereits 2003 besorgt, allerdings in deutscher Sprache. Ich war damals und wäre selbst heute nicht so größenwahnsinnig, einen 800-Seiten-Wälzer im Original zu lesen. Auch wenn Manzonis Sprache gerade für ihre leichte Verständlichkeit berühmt wurde. Er gilt als Revolutionär der italienischen Literatursprache, die er dem breiten Volk zugänglich machen wollte. Trotzdem las ich lieber die deutsche Fassung und diese sehr gern. Anstelle einer persönlichen Einschätzung halte ich mich knapp und an Goethe, der es auf den Punkt brachte: „Manzoni überflügelt alles, was wir in dieser Art kennen.“
Wer sich für die Geschichte von Renzo und Lucia interessiert, dem kann ich in Alternative zum Buch den schönen TV-Zweiteiler aus dem Jahr 2004 empfehlen: Teil 1 / Teil 2. Mit Stefano Dionisi als Don Rodrigo und Stefania Sandrelli als Lucias Mutter Agnese stehen zwei auch in Deutschland bekannte Schauspieler von internationalem Format auf der Besetzungsliste. Uns hat die Verfilmung ein langes Lockdown-Wochenende auf angenehme Weise verkürzt.
Einen neuen Ausflug nach Lecco werden wir hoffentlich im Frühjahr oder Sommer unternehmen können, um die wunderbare Landschaft am See zu genießen und dabei auf den Spuren Manzonis zu wandeln.
*Werbung, unbezahlt.
Und wieder eine Wissenslücke geschlossen…
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In Lecco war ich in meinem Au Pair Jahr. Ganz bezaubernd! Besonders mit deinem Kontext. 😍
In Frankfurt wimmelt es von Goethe-Straßen, Plätzen, Unis,…Es mag daran liegen, dass es seine Geburtsstadt ist. 😄
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Du warst in Lecco? Wie schön! Wenn 2000 nicht die Dotcom-Blase geplatzt und mein potenzieller AG pleite gegangen wäre, wäre ich Onlineredakteur in Frankfurt am Main geworden. Ich hätte von Manzoni nichts geahnt und immer nur Goethe gelesen 😊
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Von meinem damaligen Standort Bergamo nach Lecco gab (und gibt) es die Regionalbahn. Für knappe 4€ ein bisschen Abenteuer am gleichförmigen Wochenende – das ließ ich mir nicht entgehen. 😄
Was du nicht sagst? Verrückt! 😲Was das Leben oftmals für seltsame und abenteuerliche Wege einschlägt. Man hat ja keine Ahnung, was da noch alles auf einen wartet. 😃
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