Gewischt, geräumt, gefunden

Oder: Wer putzt, der findet!

Am schönsten ist Finden, wenn man gar nicht sucht. Oder nicht mehr sucht, wie im Fall meines Verlobungsrings. Ich hatte ihn, davon war ich überzeugt, auf einem Parkplatz zwei Orte weiter verloren, als ich dort Tüten und Kartons mit Kinderkleidung bei der Caritas ablud. (Wer den Beitrag letzte Woche verpasst hat, kann ihn hier nachlesen.) Einen goldenen Ring zu verlieren, noch dazu den Verlobungsring, ist nicht schön. Auch wenn mein Mann sofort bereit war, mir einen neuen zu kaufen. Ich wollte keinen neuen, ich wollte meinen zurück. Schließlich hatte ich auch noch denselben Verlobten. Wer nun meint, ich suchte wie verrückt die ganze Wohnung ab, der irrt. Ich war überzeugt, dass er mir draußen vom Finger gerutscht war. An jenem Tag Anfang März war es noch recht kalt gewesen.

Anderthalb Wochen später hatte ich mich längst abgefunden und verschwendete keinen Gedanken mehr an den Ring. Am Samstag widmete ich mich einem weiteren Punkt auf meiner To-do-Liste in Sachen Frühjahrsputz: Küchenschränke aufräumen. Ich stand auf einem Stuhl und putzte in den oberen Fächern, als mein Blick auf das Geschirrabtropfgestell im Hängeschrank über dem Spülbecken fiel. Da tropft bei uns nie etwas ab, denn ich stelle die Teller immer trocken hinein. Das Sieb über dem Auffangblech hat somit keine andere Funktion, als mit der Zeit Staub aufzufangen. Das dachte ich bis zu jenem Moment, in dem ich meinen Augen nicht traute. Ich schrie auf, so dass mein Mann aus dem Nebenzimmer gestürzt kam, weil er dachte, ich wäre vom Stuhl gekippt. Als er mich fassungslos in den Geschirrschrank starren sah, glaubte er wohl, ich hätte eine tote Maus gefunden. Doch dann sah er mein Gesicht, das nicht Ekel, sondern ungläubige Freude ausdrückte. „Komm her, das musst du dir selbst ansehen, du glaubst es sonst nicht!“, rief ich ihm zu und verlangte, dass er selbst auf den Stuhl stieg und meine Entdeckung aus demselben Blickwinkel sah. Denn da lag, auf dem Abtropfsieb unter den Frühstückstellern: mein Verlobungsring. Er musste mir an jenem Tag beim Ausräumen des Geschirrspülers vom Finger gerutscht sein. Und wer mit Tellern klappert, der hört nicht das Klappern eines Schmuckstückes, das ins Abtropfsieb fällt.

Glück gehabt! Zum dritten Mal bereits. Eine ähnliche Geschichte war mir vor ein paar Jahren passiert. Im Urlaub am Meer hatte ich einen anderen schönen Goldring verloren und verzweifelt die Strandpromenade abgesucht. Später fand ich ihn im Hotelzimmer inmitten der Kleidertüten. An das erste Erlebnis dieser Art erinnerte mich jetzt meine Mutter. Als Kind hatte ich einmal in den Herbstferien einen silbernen Ring verloren. Ich selbst wusste noch, dass ich und meine Eltern auch dort die Wege absuchten, die wir an jenem Tag gelaufen waren. Aber im Herbst war die Erde voller Laub, die Suche ein aussichtsloses Unterfangen. Meine Mutter weiß noch, dass ich auch damals den Ring im Zimmer unserer Unterkunft wiedergefunden hatte.

In allen drei Fällen suchte ich umsonst. Als ich es aufgegeben hatte, fand ich meine geliebten Schmuckstücke durch Zufall wieder. Dieses Mal beim Putzen. Warum erzähle ich euch das? Ganz einfach! Wer keine Lust auf Frühjahrsputz hat, dem mag meine Geschichte ein Ansporn sein. Für mich lautet die berühmte Redewendung in Zukunft abgewandelt: Wer putzt, der findet.

PS: Vielen Dank für eure Kommentare und originellen Vermutungen, wo ich den Ring verloren haben könnte. Unter dem letzten Beitrag entstand eine unterhaltsame Diskussion. Der wahre Fundort ist freilich einer, den ihr so gar nicht kennt. Oder gibt es auch in Deutschland diese Abtropfgestelle fürs Geschirr, in den Küchenschrank montiert? Hier ein Beispiel, wie diese typische Einrichtung in italienischen Küchen aussieht.

Titelbild: Symbolbild von Pexels.

Veröffentlicht von Anke

La Deutsche Vita in Bella Italia auf meinem Blog tuttopaletti.com. Geboren in der DDR, lebte ich zunächst im wiedervereinigten Deutschland und habe in Norditalien meine Heimat gefunden. Ein Leben zwischen den Welten und Kulturen, schreibend, lesend, neugierig und immer auf der Suche nach neuen spannenden Geschichten.

35 Kommentare zu „Gewischt, geräumt, gefunden

  1. Weder in Deutschland noch in Österreich kenne ich diese von Dir beschriebenen Abtropfgestelle. Ich gebe zu, ich wurde am Anfang stutzig, was Du damit gemeint hast. Aber danke für den Hinweis am Schluss Deines Beitrages!

    Zwar putze ich regelmäßig und nachher fühlt es sich immer gut und befreiend an, aber verlegte Sachen habe ich nicht gefunden, weil ich kaum etwas verlege.

    ABER: Einmal musste mein Papa mir geliebte Konzertkarten in einem dicken Buch hineingeben und via Skype hielt er mir das Buch hoch, worin er die Karten hineintat. Ich erwiderte noch, dass dieses Buch geradezu perfekt sei, weil ich eine besondere Beziehung zu ihm habe. Kurze Zeit später besuchten mich meine Eltern in Wien und brachten mir einen Stoss Bücher mit. Darunter auch dieses besondere Werk.

    Naja, irgendwann vermisste ich die Karten und wusste partout nicht, wo sie sein könnten. Ich tröstete mich mit einem „Sie werden schon auftauchen.“

    Und eines Tages wollte ich ein neues, altes Buch anfangen und nahm Nelson DeMilles „Goldküste“ heraus und wunderte mich über die Lücken zwischen den Seiten, die von oben gut erkennbar waren.

    Darin befanden sich die Konzertkarten.

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      1. Danke für den anderen Beitrag, den ich auch gern gelesen habe!
        Die Abtropfgestelle sind mir vertraut, hatte ich sie im Studentenheim gesehen und in meiner ersten Wohnung gehabt. Aber die Konstruktion, dass sie sich im Hängekasten über der Spüle befinden, war mir neu.

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  2. Jetzt muss ich nur noch jemand finden, der anonym für mich etwas Wertvolles von mir in der Wohnung verliert, damit ich eine Motivation zum Putzen bekomme. Aber ich trage keine Ringe, keine Ketten, kaum Schmuck – und falls DerDieDasJenige auf die Idee kommt, mein ausgeschaltetes Handy zu verstecken, damit ich es nicht anrufen kann, werde ich ungemütlich.

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    1. Haha, na vielleicht bietet es sich nach Ostern an, besonders gründlich zu putzen, falls du nicht alle Hasen oder Eier gefunden hast. 😉 Das Handy versteckt dir hoffentlich keiner. Wir selbst verlegen es gern, geht mir genauso.

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  3. Obwohl ich ja schon wusste, dass du den Ring wiedergefunden hast, habe ich heute beim Lesen nochmal ein Gefühl der Erleichterung verspürt. 😉
    Außerdem gefällt mir dein Appell zum Frühjahrsputz. Den hast du ausgesprochen nett verpackt. Wer weiß, was bei uns alles zum Vorschein kommt.
    Und zum Thema „Ringe verlieren“ fällt mir auch eine Geschichte ein: Eine meiner Freundinnen hat ihren silbernen Ring am Strand auf Bornholm verloren. Da waren wir noch Teenager. Als ihr der Verlust aufgefallen ist, sind wir zum Strand zurück, an die Stelle, wo wir gesessen hatten. Der Ring war nicht mehr zu sehen und wir begannen, den Sand mit den Fingern durchzupflügen. Und sie hat ihn tatsächlich wiedergefunden!!! Das war unglaublich.

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    1. Im Ostseesand! Wie nett ist das denn? Erinnert an die Nadel im Heuhaufen. Eine schöne Erinnerung habt ihr da! LG und ich wünsche viel Elan beim Putzen! 🙂

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  4. Uns ist es mal passiert, dass wir ein bestimmtes Kindermesser vermisst haben. Der Verdacht lag nahe, dass wir es zusammen mit Essensresten entsorgt haben könnten. Also habe ich den davor runtergebrachten Müllbeutel aus der Mülltonne geholt und aufs Genaueste inspiziert – Fehlanzeige!
    Das Messer tauchte kurz danach in der Küchenschublade auf, in der es immer gewesen war, wir hatten es bei der Suche lediglich übersehen.
    Auch hier, trotz anderer Umstände, hatten wir das Gefühl, etwas Verlorenes wiedergefunden zu haben…

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    1. Ich hoffe, man hat deinen heldenhaften Einsatz in der Familie gewürdigt!👏
      Leider ist unser gutes Brötchenmesser, das mir meine Eltern geschenkt hatten, nicht mehr aufgetaucht. Dass es fehlt, hatten wir damals zu spät festgestellt, um noch in den Müll abzutauchen. 😂

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  5. Ich bin mal wieder sehr spät mit meinem Kommentar. Dabei habe ich sehr mit dir gelitten und konnte deine Gefühle so gut nachvollziehen, weil ich parallel ein Schmuckstück verloren habe, das mir sehr am Herzen liegt. Es war eine Kette mit einem Anhänger. Darauf eine Lotusblüte mit einem kleinen roten Stein. Das Schmuckstück war mir deshalb so wichtig, weil es von meiner ältesten Tochter selbst gefertigt wurde. Ich betrachte es als meinen Glücksbringer – und nun war es weg, seit ich aus Kalifornien zurück bin. Ich habe nachgeforscht und gesucht und wieder gesucht. Die Kette blieb verschwunden. Ich bildete mir ein, dass das Glück mich verlassen würde, wenn ich die Kette nicht wiederfinden würde. Ich fand sie schließlich an einer Stelle, an der ich zuvor schon mehrmals gesucht hatte. Hattest du auch so seltsame Gedanken? Ich bin normalerweise nicht abergläubisch. Liebe Grüße Roswitha

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    1. Nein, abergläubisch wurde ich nicht, aber in deinem Fall eines ausgesprochenen Glücksbringers liegen solche Gedanken nahe. Ein Glück (!), dass auch du die Kette wiedergefunden hast, liebe Roswitha.

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