In Italien gibt es die Redewendung: „Natale con i tuoi, Pasqua con chi vuoi.“ Du sollst Weihnachten mit deiner Familie (wörtlich: mit den Eltern) verbringen, Ostern hingegen kannst du feiern, mit wem du willst. Für uns ist diese Regel nicht viel mehr als ein sinnfreies Sprichwort, da wir keine italienische Familie (mehr) haben. Wir feiern freilich auch in Familie. In unserer Kernfamilie, das heißt zu viert. Für uns stellt sich jeweils nur die Frage, ob wir das Fest daheim verbringen oder verreisen. Letzteres ist gerade zu Ostern mit der Inkaufnahme stundenlanger Staus verbunden. Wenn man, wie die meisten, noch am Ostermontag zurückmuss, verbringt man diesen Tag voraussichtlich auf der Autobahn. Der Karfreitag ist übrigens weder in Italien noch im Schweizer Tessin ein Feiertag, so dass sich bei uns ein Kurzurlaub über Ostern auf die Hinreise am Samstag, den Sonntag vor Ort und die Rückreise am Montag beschränken würde. Nein danke. Da verzichten wir lieber auf Hin- und Rückreise und planen gleich nur einen Tagesausflug am Sonntag. Das hat obendrein den Vorteil, dass wir zwei Hotelübernachtungen sparen. Hotel Mama und Papa ist für unsere Kinder stets geöffnet und kostenfrei.
Das eigentliche Problem an Ostern ist für mich aber ein anderes. Es ist das Ostermenü. Ich hatte euch bereits im Zusammenhang mit Natale (Weihnachten) und Capodanno (Silvester) von den ausufernden Tischgelagen in Italien berichtet. Pasqua (Ostern) ist es das Gleiche in Grün. Kein Ristorante bietet am Ostersonntag an, à la carte zu speisen. Das Menü ist obligatorisch. Zum österlichen Hauptgang gibt es wie in Deutschland gern Agnello (Lamm), was ich durchaus mag. Diese kulinarische Spezialität macht das Ostermenü schließlich zu etwas Besonderem, wir essen das restliche Jahr über kein Lamm. Aber wenn man den würzigen Braten oder die knusprigen Koteletts erst im Anschluss an Snacks zum Aperitivo, diverse warme und kalte Antipasti (Vorspeisen) mit Brotkorb sowie zweierlei erste Gänge bestehend aus Risotto und Pasta serviert bekommt, hält sich der Appetit in Grenzen. Auch die leckeren Ofenkartoffeln, die es klassischerweise zum Fleisch gibt, mag man kaum noch anrühren. Wer braucht zu all dem eine Sättigungsbeilage? Wie schon beim Pranzo di Natale, folgt auch Ostersonntag auf den Hauptgang ein Dessert, und als krönenden Abschluss gibt es das traditionelle Festtagsgebäck. Zu Weihnachten Pandoro oder Panettone (am besten mit einer großen Kelle voll süßer Mascarponecreme), zu Ostern ist es die sogenannte Colomba. Mit ganzen Mandeln und dicken Zuckerbrocken drauf. Nicht, dass ihr mich falsch versteht: Alle einzelnen Gänge für sich genommen sind superlecker und gut gemeint. Aber alles hintereinander, zu einer Mahlzeit? Mir schnürt sich der Magen zu, wenn ich nur daran denke, dass es anscheinend keine Alternative zu dieser übertriebenen Völlerei gibt.
Meine Idee für dieses Osterfest war es deshalb, ganz in der Nähe einen Ausflug in die Natur zu unternehmen. So schlug ich vor, hoch zum Castello Baradello zu wandern, von dem man eine herrliche Sicht auf Como und den Comer See hat. Auf dem Weg dorthin gibt es, so erinnere ich mich, eine einfache Hütte oder einen Kiosk. Man könnte ein Panino oder einen Teller Pasta essen, vielleicht auch Polenta mit Brasato (sehr weich geschmortes Rindfleisch). Ich beauftragte meinen Mann, sich zu erkundigen, ob es diese Hütte noch gibt und ob sie zu Ostern geöffnet hat. Und was teilt er mir mit? Drinnen seien die fünfzig Plätze schon reserviert. Bei schönem Wetter könne man gegebenenfalls draußen sitzen. Sie schickten ihm gleich das Menü. Ihr ahnt es: fünf Gänge plus Colomba. Na prima! Aus der Hütte ist wohl mittlerweile eine echte Trattoria geworden. Nun weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich auf schlechtes Wetter hoffen oder es einfach entspannt angehen soll und schaue, wie es wird?
Euch wünsche ich in jedem Fall ein paar nette Tage, ob nun in Familie, allein oder mit Freunden. Und leckeres Essen in genau der richtigen Menge!
Titelbild: Symbolbild von Pexels.
Hey, wenn du über so ausurferndes Kochen schreibst, fällt mir gleich und sofort ein, dass ich mich im „Himmel“, als das Kochgen verteilt wurde, gerade irgendwo anders aufgehalten haben muss, denn ich habe NICHTS davon mitbekommen. Ich werde zwar dennoch satt, aber nicht mit ausgefallenen Gerichten oder gar mehrgängigen Menüs, sondern mit viel Gemüse, einer kleinen SÄTTIGUNGSBEILAGE und manchmal auch ein wenig Fleischiges. In der Ehe hat der Gemahl gekocht und ich habe die Reparaturen gemacht – deswegen habe ich das nie von der Pike auf gelernt.
Schöne Ostergrüße
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Liebe Clara, das Kochen überlasse ich auch gerne anderen, zumal an Feiertagen! Wenn zuhause, dann grillen wir (der Gatte, ehrlich gesagt) oder es gibt ein besonderes Hauptgericht und einen kleinen Nachtisch. Wie in Deutschland, basta!
Danke und hab schöne Ostern in Berlin!
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Nemmeno a noi piace mangiare tanto, anzi, lo trovo del tutto inutile, se non nocivo. Meglio poco e buono. Buon weekend, mia cara! 🐣🐥
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Allora adesso capisco, come mai sei andata via da Italia! 😉 Grazie, buon weekend a te!🙋♀️🌞🥂
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😄😄😄😄😄😄😄
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Vielen Dank für den netten und wieder erfrischenden Bericht. Ich habe vor vielen Jahren (-zehnten) einige Zeit in einer italienischen Familie in Pescara verbracht. Bis heute denke ich noch an das langwierige und für meinen Magen belastende Ostermenü. Morgens habe ich immer gehungert, da es nur ein biscoti gab und einen Espresso. Aber schön war die Zeit dort doch, die italienische Lebensweise ist herzlich und umfassend.
Ich wünsche Dir ein schönes und nicht zu üppiges Osterfest mit Deiner Familie.
Liebe Grüße, Marie
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Schön, dass ich wieder Erinnerungen bei dir wecken konnte. Das Entscheidende ist doch die nette Gesellschaft und dass man die Gastfreundschaft erlebt, die mit den langen Festessen verbunden ist. Nett ist auch die Tradition, am Ostermontag draußen zu grillen oder in der Natur zu picknicken. Ich war zu Beginn meiner italienischen Zeit einmal in Kalabrien über Ostern, und da verbrachten wir den ganzen Montag draußen am See in den Bergen. Es gab unheimlich viel zu essen, aber es verteilte sich über den ganzen Tag, man sang, tanzte und war an der frischen Luft, das ging dann schon. 😉
Danke dir, liebe Marie, auch dir schöne Feiertage!
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Ich komme auch aus einer Familie, in der gut und gerne gegessen wird (Motto: Essen bis zum Umfallen 😉) Aber das, was in Italien an Feiertagen zelebriert wird, übersteigt sogar mein Vorstellungsvermögen…
Aber so ist es halt: Andere Länder, andere Sitten! Ich hoffe, du hast eine schöne Osterzeit ohne ausufernde Gelage🎂🍰🧁🥧
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Ich fürchte, man kommt nicht von alten Traditionen los. Als die Menschen im Alltag eher mit Hunger kämpften, bestand das Feiern vor allem darin, reichlich zu essen, und jeder war stolz, was er alles auf den Tisch bringen konnte.
Danke dir! Habt ihr auch schöne Tage, ohne vom vielen Futtern umzufallen. 😉
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Beim Lesen fiel mir unser Freund ein, der einmal sagte, bei zu viel Essen oder einem zu vollen Teller bekommt er Angst. Seitdem es kein Problem mehr ist, sich das Essen zum Mitnehmen verpacken zu lassen, hat sich seine Angst gelegt. Bei einem Menü mit anschließender Wanderung, könnte das natürlich problematisch werden 🤷♀️
Liebe Grüße und ein frohes Osterfest, Bettina
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Wir sprechen hier nicht von einem, sondern zu vielen vollen Tellern. 🤦♀️ Zu Silvester gab es mal einen Vorspeisenteller, der eine Platte war. Danach war ich satt, doch das Menü hatte erst begonnen. 😝
Danke dir und hab auch noch schöne Feiertage, liebe Bettina!
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Es ist schon unglaublich, was manche Menschen bewältigen können. Mir ginge es wie dir! Aber man möchte ja auch nichts verkommen lassen 😅. Doch was zuviel ist, ist zuviel. 😋
Viel Glück, liebe Anke und großen Appetit!
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Eben, das ist ein Dilemma. 🤷♀️
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Liebe Anke, Deine Zeilen erinnern mich an die Klagen von Schweizer Freundinnen bzw. Ehefrauen von Italienern, die (selbst außerhalb Italiens) der Küche der Schwiegermutter an Festtagen stundenlang, tagfüllend, „Ehre antun“ mussten… Schade um die Großzügigkeit und die feinen Speisen, die man dann ja nicht mehr genießen kann. Ich selbst kenne das nicht, und darüber bin ich froh. Für Dich hoffe ich, dass Du eine gute Lösung für alle Beteiligten findest. Alles Liebe, Elisa
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Dieses Schicksal ereilen auch Männer, die in traditionelle italienische Familien einheiraten, ich denke da an Jan Weilers „Maria, ihm schmeckt’s nicht“. Nur sind Männer sicher „härter im Nehmen“, bzw. können, wenn es drauf ankommt und der Familienfrieden davon abhängt, auch mal mehr verdrücken. 😉
Grazie, liebe Elisa, und liebe Ostergrüße an dich!
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Ja natürlich, daran habe ich gar nicht gedacht. Den Schwiegersohn zu verwöhnen, ist für eine italienische Mamma wahrscheinlich ein noch größerer Herzenswunsch! 🙄😍 Liebe Ostergrüsse zurück, Elisa
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Jetzt ist Ostern schon vorbei und ich bin, wie alle anderen, neugierig, wie das Ostermahl verlaufen ist. Ich kenne das auch aus Deutschland, diese Angewohnheit, Zuneigung über das Essensangebot auszudrücken oder eben, sich nicht genug gewürdigt zu fühlen, wenn die Gäste nicht sehr, sehr viel essen. Du sprichst sicher vielen Menschen, die zu Ostern ihre Familie besuchen, aus dem Herzen. Ich musste beim Lesen auch daran denken, was für ein flexibles Organ unser Magen ist. Er kann sich offenbar an die Anforderungen anpassen – zumindest, was die Größe betrifft. Ich hoffe, Ostern war bei euch entspannt. Liebe Grüße aus Berlin
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Eigentlich hatte ich gar keine Fortsetzungsgeschichte geplant, da aber alles ganz anders kam, als erwartet, werde ich berichten.
Haben wir nun persönlich Glück, dass wir keine Familie haben, die uns zu italienischen Festtagsessen einlädt, zu Weihnachten und Ostern? Ich würde sagen: Nein. Und bis wir mal selbst Schwiegerkinder haben, ist es hoffentlich noch eine Weile hin. Dann werde ich mich rausreden, dass ich ja Deutsche bin, und ein abgespecktes Menü kredenzen. Hoffentlich enttäuscht das dann nicht. Aber dass die „Braut“ nach den Kochkünsten ihrer Mutter ausgesucht wird, sollte ja hoffentlich der Vergangenheit angehören. 😉
Liebe Grüße zu dir nach Berlin
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Auch die Familien im Fläming 🤣. Wir hatten kugelrunde Bäuche. Und dabei hatte ich das Osterbrot (mit dem Colombo-Teig) vergessen, so dass wir „nur“ das essen konnte, was die Mutter vorbereitet hatte. Saure Eier und Crumble und Kuchen und abends noch Fisch und Möhrchen und….schön war es.
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Liebe Ilka! Aber ja, in Familie ist es schön und alle schätzen die Mühe von Koch oder Köchin. Mich stört, dass es hier in Italien in den Restaurants an den Feiertagen i.d.R. keine Alternative zum kompletten Menü gibt.
Anteprima, exklusiv für dich: Diesmal gab es bei uns am Ostersonntag doch noch eine überraschende Wendung … morgen mehr. Liebe Grüße nach Potsdam!
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