Oder: Schnäppchen verzweifelt gesucht
Anfang Februar war ich im nahegelegenen Einkaufscenter mit meinem Geburtstagsrabatt Klamotten shoppen. Seitdem trug ich den Gutschein einer italienischen Modekette mit mir herum. Alle paar Tage erhielt ich eine E-Mail, die mich daran erinnerte, diesen bis zum 19. März einzulösen. Sogar am Tag selbst hieß es: Nur noch heute gültig! Da der Gutschein satte 40 Euro auf einen Einkauf von 80 Euro versprach, fasste ich mir ein Herz und zog los, um ihn einzulösen. Aus der neuen Frühjahrskollektion würde es doch eine Hose, einen Rock, eine Jacke oder ein Oberteil geben, irgendetwas, das mir gefiel und das ich zum Aufpeppen meiner vorhandenen Garderobe gebrauchen könnte. Als ich den kleinen Laden betrat, standen drei junge Verkäuferinnen gelangweilt herum. Sie schienen nur auf mich gewartet zu haben. „Möchtest du erstmal schauen, oder kann ich helfen?“, kam eine direkt auf mich zu. „Ich schaue erstmal“, lehnte ich dankend ab. Und das tat ich dann auch. Ich lief alle Ständer ab, beäugte die Schnitte, befühlte das Material, kontrollierte die Preise, ging in Gedanken meinen Kleiderschrank durch. Ich sah, dass alle Teile zur neuen Kollektion gehörten. Deshalb also der Gutschein. Wer kauft denn noch zum vollen Preis, wo sich das ganze Jahr über Schlussverkäufe aneinanderreihen wie die Perlen auf Omas Kette. Sei es drum, ich war entschlossen.
Ich probierte eine dunkelblaue elegante Stoffhose. In Größe 38 war sie in der Taille und um den Hintern herum zu weit, in der 36 kniff sie am Bauch. Ich fand eine Jeans, die saß, aber ich sah ein, dass ich eine verdammt ähnliche bereits besitze. Oder sogar zwei. Ich probierte eine Bluse, in meiner Lieblingsfarbe und mit 89 Euro perfekt für den Gutschein. Sie passte wunderbar. Aber ich sah lächerlich darin aus, denn sie hatte Spitzeneinsätze und Puffärmel und eine Kordel um den Hals. Als ich sie zurückhing, fragte eine der Verkäuferinnen ahnungsvoll: „Du hast einen Gutschein, stimmts?“ Ich nickte und fühlte mich beschämt. Wirkte ich so verzweifelt? Hatte ich das nötig? Nein, aber ich war immer noch entschlossen und vor allem gewillt, mir meine Shopping Experience nicht verderben zu lassen, sondern in Ruhe zu probieren. Ich schnappte mir einen Mantel. Er stand mir gut und ich wollte ihn schon kaufen, als ich den Hinweis am Preisschild las: Bitte vorsichtig behandeln, das Material kann dazu neigen, Fäden zu ziehen. Argh! Genau das hatte ich schon einmal erlebt, und es war ein Teil aus diesem Geschäft gewesen. Einer meiner liebsten Ringe hat leider die Eigenschaft, sich in empfindlichen Stoffen zu verfangen.
Gefühlt war ich nun schon eine Stunde lang im Geschäft und alle Reihen dreimal abgelaufen. Ich ging zurück zu dem langärmeligen Pulli mit Lochmuster, gestreift und ein wenig Glitzer hier und da. Den hatte ich vorhin bereits befühlt und für wert befunden, in die engere Auswahl zu kommen. Ich probierte ihn und siehe da: Er passte und gefiel mir. Der Preis war das Problem: nur 69 Euro. Ich hing ihn also provisorisch quer über einen Ständer, während ich nach einem Gürtel für den fehlenden Betrag suchte, aber keinen fand, der mir gefiel. Als ich mich für einen kurzen Moment umdrehte, trug die emsige Verkäuferin den Lochmusterpulli schon wieder an seinen Platz. Gut, dann eben nicht. So einen kann und will ich mir nämlich selber häkeln. Das mit dem Gutschein lasse ich diesmal gut sein.
PS: Zwei Tage später bekam ich eine E-Mail: Ihr Gutschein ist immer noch gültig! Jetzt bis Ende März. Das sieht mir ganz nach Verzweiflung aus. Bei denen, nicht bei mir. Den Gutschein hatte ich grinsend und in Vorfreude auf meine nächste Häkelarbeit draußen vorm Einkaufscenter im Papierkorb entsorgt.
Oh ja, Ähnliches erlebte ich auch schon, liebe Anke. 🙂 Mit einem Gutschein, den ich vom Kollegium geschenkt bekam und der sich auch nach mehreren Versuchen nicht einlösen ließ. Da lag es aber an dem Stil des Ladens, der sich so gar nicht mit meinem in Verbindung bringen ließ. 🥺 LG Bea
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Schade, dass deine Kolleg*innen deinen Geschmack nicht getroffen hatten. So was ist blöd.
Liebe Grüße!
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Ja, sehr blöd. 😀 Aber da machste nix …
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P.S.: Es lag wohl daran, dass die Kollegin, die für die Geschenke zuständig war, mich nicht kannte. Sie hat ihren Lieblingsladen gewählt – ein kleines, sehr altbackenes Lädchen im Kietz, in dem sie selber dafür vielleicht Prozente bekam. :-D)))
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Alles klar. 🙈
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Seh’s positiv, liebe Anke: Du hast nicht nur 40€ gespart, sondern 80€. 100% Sconto sozusagen und keinen Mantel, dessen Fäden einen in den Wahnsinn treiben. Na, was will man mehr? 😉
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Du sagst es. Ich gehe es mit Ruhe an, und kaufe dann im Frühlings- oder Sommerschlussverkauf. Aber auf keinen Fall den Mantel mit Fäden ziehendem Gewebe, so günstig kann der gar nicht werden.😀
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😄😄 Ich drücke die Daumen, liebe Anke!
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Wie gut, wenn man sich dem „Zwang“, einen Rabattgutschein unbedingt einlösen zu müssen, auf so elegante Weise und um eine Erfahrung reicher entledigen kann. Etwas kaufen zu müssen, was man eigentlich nicht braucht oder will, nur um ein paar Euro zu sparen, ist ja nicht besonders sinnvoll.
Danke fürs Erzählen.
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Gern geschehen! Danke fürs Lesen und viel Glück beim Nachahmen!😅
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Im Handel bemüht man sich überall, irgendwie den Konsum anzukurbeln. Der Gutschein ist dazu ein beliebtes Mittel. Im Bereich Kleidung hängt der lahme Umsatz vielleicht doch auch an der Auswahl. Ich leide gerade an einer zweiten Welle Pastellfarben in den Sakkos dieses Frühjahrs (2024 wiederholt sich!). Der Queen-Elizabeth-Stil ist ganz sicher nämlich nicht meiner.
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Haha, das lässt sich mehr als nachvollziehen. Mein Gatte ist Gott sei Dank wasserfest und der Gefahr nicht ausgesetzt. Er kauft am liebsten beim eigenen Arbeitgeber, und da gibt es immer auch die klassischen Farben.
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Liebe Anke, Dein humorvoll geschriebener Beitrag ist voll aus dem Leben gegriffen! Gutscheine haben praktisch immer einen Haken. Diese Erfahrung mache ich immer wieder, dann lasse ich es ebenfalls bleiben. Gut, hast Du Dich nicht „einseifen“ lassen. Oft genug fällt Frau ja drauf rein! Liebe Grüsse, Elisa
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Stimmt, es ist ein klassischer Trick, und ich wusste das auch vorher. Trotzdem dachte ich, gucken kostet nichts. So war es dann auch!😀 Liebe Grüße an dich!
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Das artet ja in Arbeit aus. Sollte es nicht. Bei mir werden es bei solchen Gelegenheiten dann oft Basics oder die Handvoll Socken, die sowieso neu werden müssen. Richtig Glück hatte ich letztes Jahr bei der Winterjacke. Aber wenn nichts gefällt und passt, besser den ganzen Preis sparen, der nächste Gutschein kommt bestimmt.
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Socken und Zeugs führt dieser Laden leider nicht. Aber: Ab heute gibt es tatsächlich die ersten 50-Prozent-Rabatte auf die Frühjahrskollektion.😅
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