Der Italiener und sein Balkon
Endlich hat sie wieder begonnen, die Freiluftsaison. Und da denke ich keinesfalls an Biergärten oder Strandbäder. Beides haben wir leider nicht in unmittelbarer Nähe. Ich rede vom guten alten Balkon. Unserer ist eher eine Terrasse, auf der wir nicht nur zu viert, sondern auch mit Besuch bequem sitzen können. Dazu haben wir auf einen Innenraum verzichtet, als wir die Wohnung nach unseren Bedürfnissen umbauten. Zum Glück habe ich damals auf meinen Mann gehört, der die grandiose Idee hatte: Weg mit den Mauern, her mit dem Freisitz! Nach hinten raus ins Grüne. Ich hatte derzeit noch die Idee, unbedingt ein Gästezimmer vorhalten zu müssen. Und bezweifelt, dass wir die Genehmigung für eine solch drastische bauliche Veränderung bekämen. (Haben wir, und, wenn ich es richtig verstanden habe, sogar ohne Beziehungen.) Aber auch vorher, als wir nur schmale Balkons hatten, nutzten wir den längeren von beiden zum Draußensitzen und Draußenspeisen. Wir mussten uns dazu parallel zum Geländer nebeneinander aufreihen, saßen an vor uns hängenden Klapptischen. Das war nicht so gesellig, hatte aber den Vorteil, dass jeder den schönen Ausblick genoss. Manchmal frage ich mich, was damals die Leute gegenüber oder im eigenen Haus dazu sagten.
Quella tedesca è fuori come un balcone. (Wörtlich: Diese Deutsche ist draußen wie ein Balkon. Sinngemäß: Die spinnt doch.)
Denn, ihr werdet es nicht glauben: Nur wir sitzen und essen auf dem Balkon. Die Italiener, zumindest die in unserer Gegend, tun sowas nicht. Sie haben kein Problem damit, ihre Wäsche inklusive der für Drunter außerhalb des Balkongeländers zur Schau zu stellen. Aber draußen sitzend eine Mahlzeit einnehmen? Nie im Leben!
Wirklich bedauerlich finde ich eine andere weitverbreitete Art, den Balkon zu nutzen. Viele Leute platzieren Gerümpel und sogar ihre Mülltonnen darauf. So ist es scheinbar am bequemsten, die Abfälle von der Küche aus direkt zu entsorgen. Aus der Wohnung, aus dem Sinn. Und uns unter die Nase. Zum Glück befindet sich unsere Terrasse nun nicht mehr direkt über dem Balkon der anderen.
Es muss ein kulturelles Ding sein. Im Garten oder am Picknicktisch im Park essen die Italiener schließlich auch gern draußen. Warum dann nicht jeden Tag direkt vor der guten Stube? Geht es den Meistern im Improvisieren gegens Prinzip, das Freiluftarrangement bequem zu haben, quasi mit Durchreiche von der Küche? Ich tue mich schwer damit, alles mitzuschleppen, um irgendwo in der Pampa oder sogar nur unten vor dem Haus zu essen. Im gemeinschaftlichen Garten stehen uns ein paar Quadratmeter zur eigenen Nutzung zur Verfügung. Unsere Vorbesitzer hatten dort ein Stück gepflastert, Wasser- und Stromanschlüsse legen lassen. Sie hätten dort gern gesessen und gegrillt. Wir haben das ein einziges Mal ausprobiert. Tische und Stühle aufzubauen, Geschirr und Speisen runter und anschließend wieder hochzuschleppen, um sich währenddessen auf dem Rasen von Mücken peinigen zu lassen? Nein, danke. Dort unten fühle ich mich wie auf dem Präsentierteller.
Übrigens: Unsere Terrasse liegt auf der Nordseite. Als es damals an den Umbau ging, stießen wir bei Architekten und Bauarbeitern auf Unverständnis. Den Balkon nach Norden? Den hat man doch im Süden, auf der Sonnenseite. Mittlerweile sind wir heilfroh über unsere Entscheidung, denn in der Sonne mag man bei vierzig Grad nicht sitzen, nicht mal unter einer Markise oder einem Schirm. Es wurde in den vergangenen Sommern selbst auf unserem Nordbalkon irgendwann unerträglich, so dass wir tagelang wohl oder übel mit laufender Klimaanlage drinnen hockten. Wird uns das in diesem Sommer erspart bleiben? Ich fürchte nicht. Doch nun genießen wir erstmal die schöne Zeit im Freien. Gern auch mit einem Aperol Spritz zum Aperitivo. Salute!
Bis jetzt war mir das gar nicht so bewusst, aber niemand aus meinem Verwandten- und Bekanntenkreis in der Umgebung von Modena isst jemals auf dem Balkon oder Terrasse. Keine Ahnung voran das liegt.
Liebe Grüsse
Stefi
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Frag sie mal! 😉 Danke und liebe Grüße an dich!
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Liebe Anke, du sprichst mir aus dem Herzen. Unsere Nachbarn grillen und essen unten auf dem Rasen, aber mir ist das auch zu mühsam, wohnen wir doch zuoberst im Haus. Ich liebe es, auf dem Balkon bis spät in die Nacht zu lesen (wozu gibt es schliesslich den E-Reader?), lieber aber noch, mit Mann und Freunden auf dem Balkon zu speisen. Auch bei uns ist es in den vergangenen Jahren in den Hoch-Sommermonaten leider zu heiss geworden. Doch im Frühjahr und im Herbst ist der Balkon als Ess- und Plauderzimmer DIE tolle Lösung. Danke für den interessanten Beitrag. Lieben Gruss und Buon Appetito! Elisa
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Grazie, liebe Elisa. Wir wohnen praktisch draußen, der Balkon wird zum Wohnzimmer. Beste Grüße an dich!
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In heißen Ländern spielt sich doch, soweit ich es zumindest auch in Italien kennenlernte, das Miteinander draußen genießen stets erst abends ab, wenn die Sonne untergegangen ist.
Unsere Terrasse bauten wir damals ganz bewusst südlich und mit Beschattung können wir in unseren Breiten die schönen warmen Jahreszeiten fast rund um die Uhr genießen.
Liebe Grüße, Hanne
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Schön, dass ihr auch auf der Südseite keine Probleme habt. Wir müssen in den betreffenden Zimmern Klimaanlage oder zumindest Luftentfeuchter anstellen, um uns im Sommer darin aufhalten zu können. Du öffnest das Fenster und dir schlägt eine Hitze wie aus dem Backofen entgegen, kannst du dir das vorstellen? Hilfe, ich will lieber noch nicht daran denken, dass es wieder so kommt im Sommer. Danke und liebe Grüße an dich!
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Das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen, denn kenne das ja such aus den vielen Urlauben in entsprechenden Ländern und zumindest dann bin ich froh darüber in unserer wettermäßig nicht zu heißen Klimazone im schönen Frankenland zu leben. 😉
Ich drück dir die Daumen, dass der Sommer nicht allzu heiß wird und ihr die Hitze gut übersteht! 🤗🌺🍀
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Danke, liebe Hanne!
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Ich kann sehr gut verstehen, wie wichtig ein Balkon ist und dass man ihn natürlich zum Essen und draußen sitzen nutzt. Ma sono tedesca ;).
Norden ist im Sommer auch sehr fein. Micha und ich versichern uns immer, dass man es auch mittags auf dem Südbalkon unter der Markise aushalten kann. Der Blick aufs Meer ist so schön, dass wir hemmunglos lügen und vor Hitze vergehen.
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Blick aufs Meer, was will man mehr! Da denkt man sich die frische Brise einfach dazu. 😉
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Hilft ja nix 😉 Aber dein Blick ins Grüne ist auch schön. Blau oder Grün. Berge oder Meer. Es gibt so viele schöne Orte um den Blick zu genießen 🙂
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Du: „Manchmal frage ich mich, was damals die Leute gegenüber oder im eigenen Haus dazu sagten.“ Kann ich dir sagen: Guckt mal, die Tutto Palettis sitzen wieder wie die Hühner auf der Stange und erfreuen sich am grünen Gras“ oder so etwas ähnliches.
Nie mehr wieder eine Wohnung ohne Balkon – aber diese Gefahr besteht bei mir auch kaum. Heute fast den ganzen Tag mit Markise dort gesessen, da ab 15:30 Uhr Westsonne mit 26°.
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Schon sooo warm in Berlin! Na dann, frohe Balkonsaison auch dir, liebe Clara!
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Extra für dich!
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Als wir 1996 unser Haus gebaut haben, war mein größter Wunsch ein Balkon. ‚Unnötig‘, hörte ich nicht nur von meinem Mann. Der Garten wäre doch genau vor der Tür. Heute heißt es oftmals, ach hätten wir doch… Es ist eben ein anderes Gefühl erhöht mit Überblick die Natur zu genießen. Schade! Salute, Anke und liebe Grüße 🍹
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Auf alle Fälle. Und es kommen auch weniger Krabbeltiere bis nach oben. Danke, liebe Bettina, und habt ein sonniges Wochenende im Garten!
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Mit dem Balkon bzw. Freisitz nach Norden habt Ihr das bestmögliche gemacht, was man tun kann. Ich kann das gut verstehen, dass Ihr Euch immer raus setzt. ich sitze zum Essen, Lesen und früher zum Lernen immer draußen, wenn es irgendwie möglich ist. Hoffen wir, dass der Sommer nicht zu heiß wird, für uns und für die Natur. LG
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Die Daumen sind gedrückt. Derzeit freuen wir uns über einige Regentage. Sogenanntes „schönes Wetter“ ist nicht mehr das Maß aller Dinge. Liebe Grüße zurück.
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Schön, so ein Lunch oder Dinner auf Balkon oder Terasse, leider vergesse ich häufig, das auch mal zu machen
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Du vergisst es? Sag mal lieber, du bist zu faul. 😉 Muss man ja erst Tisch und Stühle abwischen und so. (Ich spreche aus Erfahrung.)
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Ach ja … jetzt wo du es sagt … stimmt. Fast vergessen 😉
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Immerhin nur Müll unterm Balkon.
Ich hatte unter meinen Balkonen in Italien (und in Malta) immer Autobomben, so wie hier in Bari:
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Da musste ich gleich mal nachgucken. „Autobombe“ wird ja von der Suchmaschine häufig gefunden, aber wenn es im August 2014 war, dann kann ich bestätigen, dass es keine Verletzten gab. (Ein Kinderstreich?) 😒
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Vielleicht auch etwas weniger Dramatisches, und meine Phantasie ist mit mir durchgegangen…
In Bolivien habe ich sogar in einer Stadt gewohnt, die fast so heißt wie Autobombe auf Spanisch: Cochabamba (statt „coche-bomba“).
Aber da waren die Leute friedlich.
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